Aus den Gründungsjahren der
Dorfgemeinschaft
Von Karl B. Knott
Oft wurde ich ermuntert, mein
Wissen über die Entstehung der DG Esch niederzuschreiben, dass es für die
Zukunft erhalten bleibt.
Noch während des Krieges war Esch
ein Dorf mit knapp 500 Einwohnern. Jeder kannte Jeden. Jeder grüßte Jeden.
In Esch war die Kirmes das
Hauptfest im Jahr. Ausrichter war der Kriegerverein (solange er noch
existierte) bzw. der Junggesellenverein. Heiratete der Vorsitzende, waren die
Junggesellen führungslos. Und das war damals der Fall.
Sollte nun die Kirmes ausfallen?
Ältere Männer, die in der
Gastschänke Friedrich Schmitz (im Volksmund „Bei dr Tant“ genannt) ihren Frühschoppen hielten, wollten das
verhindern. Es waren von Esch die Herren Hensch
Hilarius, Knott Joseph sen., Weermann Mathias und Köpp Gottfried. Von Auweiler Herr
Rolshoven (Verwalter vom Doktorshof) und Lüpschen Josef.
Die Auweiler
Bürger hatten durch ihr Maifest Verbindung zu einem Zeltwirt, der verlangte vor
Aufstellung des Zeltes DM 100,-- Kaution. Da die Männer fast alle Rentner
waren, bat mein Vater (Knott Joseph sen.) Josef Lüpschen,
bis Mittwoch nach Kirmes die DM 100,-- zu leihen. „Lüpschens
Jupp“ dät et. Su wor die
Escher Kirmes gerettet.
Nun musste ein Träger her. Es
wurde beschlossen, eine Dorfgemeinschaft zu gründen. Schnell wurde eine
Gründungsversammlung einberufen und der erste Vorstand gewählt. Der erste
Vorsitzende war Gottfried Köpp. Er führte die
Dorfgemeinschaft sechs Jahre, bis 1959. Neuwahl war immer nach der Escher
Kirmes. Köpp hatte in einer dicken Fristenmappe alle
„Gründungsväter“ bildlich dargestellt. Alle wichtigen Ereignisse, die mit der
DG zusammenhingen, waren hier festgehalten.
Der Nachfolger von Köpp war Schulleiter Helmut Braß
von 1959 bis 1961 (zwei Jahre). Er hat die zeitgemäße Vervollständigung
beibehalten. Aus beruflicher Überlastung musste er den Vorsitz aufgeben. 1961
nach der Neuwahl übergab er mir alle Unterlagen, einschließlich einem Tonband.
Mein Vorsitz war von 1961 bis
1964 (drei Jahre). Durch einen Nervenzusammenbruch mit Seh- und
Sprachstörungen, den ich in meinem Beruf erlitten habe, konnte ich die DG nicht
mehr führen. Ein Nachfolger war nicht in Sicht. Gottfried Köpp,
der mittlerweile als Reiseleiter arbeitete, übernahm kommissarisch meine
Nachfolge. Ihm übergab ich alle, auf den aktuellen Stand ergänzten Unterlagen.
Doch seit dieser Zeit fehlen diese Unterlagen. Nur das Tonband war noch
vorhanden. Josef Schumacher besaß es. Er erzählte mir mehrmals, dass das Band
bei einer Party zur Belustigung beigetragen habe. Es enthielt die Schilderung
des Escher Karnevalszuges und Live-Interviews der Bürger zum Karneval. Es war
im Jahr 1959. Winfried Mackenroth, der ein Radiogeschäft hatte, stellte uns das
Tonbandgerät zur Verfügung. Auf einem Unimog mit selbst gebastelter Fernsehkamera
war es installiert und funktionierte nur mit Stromanschluss auf drei
Bauernhöfen. Die interviewten Jecken glaubten beim Sprechen ins Mikrofon, es
sei alles Attrappe. Deshalb hatte keiner Scheu und sprach. Dem
Reporter wurde mit jeder Minute, wo das Band lief, die Zunge schwerer. Der
Alkohol verfehlte seine Wirkung nicht.
Die Escher Kirmes fand früher im
Monat Oktober (wie heute noch in Sinnersdorf) statt.
Sie stellt ja die weltliche Feier zum Kirchweihfest dar und war in der Nähe des
Martinusfestes angesiedelt, weil früher die Pfarrkirche St. Martinus war. Weil
im Oktober oft schlechtes Wetter war, wurde die Kirmes auf den zweiten Sonntag
im September verlegt. Als unter Pfarrer Kronenbürger die neue Pfarrkirche
erbaut wurde, war es selbstverständlich, dass das neue Kirchweihfest dem
Kirmestermin im September angepasst wurde. Daher der Kirchentitel „Mariä
Namen“.
Vier Tage, von Samstag bis
Escher-Mittwoch, war Kirmes. Die Leute waren noch arm, hatten noch kein Auto
und auch kein Geld für Urlaub. Man sparte das ganze Jahr für die Kirmes. Dann
wurden Verwandte und Freunde eingeladen. An einer „Spitzenkirmes“ wurden bis 20
Hektoliter Bier verzapft. Als Festbraten musste manches Kaninchen oder
Ziegenböcklein dran glauben.
Die Kirmes begann am Samstagabend
am Festzelt. Die Mitglieder der DG zogen mit Musik (4 bis 6 Mann Blaskapelle,
die auch im Zelt musizierten) zur Geburtsstelle des Zachäus. Hier wurden der
Kirmespuppe Fragen über die Länge der Kirmes gestellt. Nach Verzehren von
Schnittchen und Bier zog die Gruppe zum Zelt.
Sonntags war ab 5:00 Uhr Wecken
mit Musik. 9:30 Uhr war Festgottesdienst für die Lebenden und Verstorbenen der
DG. Anschließend war Gedenkfeier am Kriegerdenkmal mit Musikkapelle und
Tambourkorps. Feierlich zog man mit Musik zum Zelt. Dort war Frühschoppen mit
Sammlung für einen guten Zweck.
16:00 Uhr Festzug. Ab 17:00 Uhr
Kirmesball.
Montag 9:00 Uhr Requiem für die
Gefallenen und Opfer beider Weltkriege.
15:00 Uhr Kinderfest. 20:00 Uhr
Kirmesball.
Dienstag 15:00 Uhr traditionelles Hahneköppen. 20:00 Uhr Familienschlussball.
Nach einem Kinobesuch im Saal des
alten „Heiderösleins“ in der Sinnersdorfer Straße
(heute Chorbuschstraße, wo Pizzeria „La Padella“ war)
ist eine junge Frau, Erika K., tödlich verunglückt, weil ein Gehweg
fehlte und sie die Fahrbahn benutzen musste. Es waren zwar Randsteine gesetzt,
doch es gab weder einen Plattenbelag noch Asphalt-Abdeckung. Dafür gab es aber
eine Verordnung der Gemeinde, einmal wöchentlich die Gosse zu kehren. Das taten
die Bürger und schaufelten den Dreck auf den vermeintlichen Bürgersteig. Da die
Gemeinde kein Geld hatte, wurde die DG aktiv. Abends trafen sich viele
Mitglieder mit Hacke und Schaufel. Abwechselnd kam ein Bauer mit Pferd und
Karre. Der ca. 40 cm hohe Dreck wurde abgetragen. Der Landwirt Johann Esser
brachte aus der Zuckerfabrik in Dormagen etliche Anhänger Schlacke zum
Verfüllen der Gehwege mit.
Es waren Peter Müller und Leo Szymkowiak. Nun trat die DG an die Gemeinde heran, um für
Spielplätze zu sorgen. Es fehlte wieder Geld. Wir schlugen die ehemalige
Kiesgrube, die inzwischen mit dem Aushub für den Randkanal aufgefüllt war, als
Grundstück für den Spielplatz vor. Heute zwischen Chorbuschstraße und
Johannes-Prassel-Straße. Die DG planierte in wochenlanger Arbeit die Fläche und
brachte selbst gebaute Spielgeräte an.
Von Gärtner Jakob Hardt wurden
einige Sträucher gestiftet. Die Gemeinde musste nur für Einzäunung und Bänke
sorgen. Im Juli 1963 wurde der Spielplatz eingeweiht.
Der vorgesehene Platz an der
Andreasstraße wurde ebenfalls von der DG spielfertig gemacht.
Kein Zweifel, die Welt und die Menschen haben sich verändert. Alles, was früher gut und schön war, gilt heute mit anderen Vorzeichen. Die frühere Armut ist einem gewissen Wohlstand gewichen. Man hat Auto, Urlaub, Fernseher, Computer, Handy usw. Der Kontakt zu anderen Menschen ist dürftiger geworden. Gute Nachbarschaft ist nur noch selten. Ja, manche Menschen, die Nachbarn sind, kennen sich nicht und grüßen nicht. Es ist wie in der Großstadt in Mietskasernen. Wenn jemand seine neue Heimat hier gefunden hat und auch bleiben möchte, sollte er sich nicht mit der Mitgliedschaft und als Beitragszahler begnügen. Die DG braucht neue Ideen und Mithilfe. So können Probleme über politische Parteien hinaus für das Wohl der Bevölkerung gelöst werden. Beispiele: B ü r g e r s t e i g u n d S p i e l p l a t z.
Karl B. Knott
im Oktober 2012